Die langfristigen, kognitiven Folgen einer Frühgeburt


Die ersten Wochen nach einer Frühgeburt setzen die jungen Eltern unter eine enorme Belastung. Ihr Kind wird für mehrere Tage oder Wochen in einen Inkubator gelegt, damit es sich in einem kontrollierten Umfeld noch weiter entwickeln kann. Wenn es dann aber aus dem Krankenhaus entlassen wird, sind die Strapazen leider noch nicht vorbei.

Frühgeborene Säuglinge gehören zu der Risikogruppe für eine Vielzahl an Entwicklungsdefiziten im späteren Leben, aber hier wollen wir speziell auf die kognitiven Defizite eingehen. Im Schnitt weisen Frühgeborene eine verzögerte, kognitive Entwicklung auf, im Vergleich zu termingeborenen Kindern. Dieser Unterschied konnte auch im Vorschulalter noch deutlich beobachtet werden.

Aber wie genau äußern sich diese Defizite? Frühgeborene können beispielsweise Einschränkungen in der Intelligenz oder Sprachentwicklungsprobleme entwickeln. Das bedeutet nicht, dass das Frühgeborene bei allen Denkaufgaben gegenüber einem gleichaltrigen Termingeborenen im Nachteil ist. Allerdings scheinen doch Rückstände in spezifischen Bereichen vorzuliegen, die zwischen den Fällen variieren. In vielen Fällen können biologische Gründe für diese Rückstände identifiziert werden. Das Cerebrum (Großhirn) von Frühgeborenen im Alter von 7 – 15 Jahren weist beispielsweise ein geringeres Volumen auf, als das von Termingeborenen.

Eine weitere, gut dokumentierte Problematik ist das vermehrte Auftreten von Aufmerksamkeits- und Impulskontrollstörungen bei Frühgeborenen. Der Grund hierfür ist, wie so viele Sachen im Zusammenhang mit Frühgeburt, noch unklar. Die Forschung in diesem Bereich wird auch dadurch erklärt, dass die genauen Auslöser für ADHS ebenfalls unbekannt sind. Es ist in diesem Zusammenhang noch nicht einmal eindeutig geklärt, ob die Symptomatik bei Frühgeborenen vollständig konsistent mit denen einer ADHS ist, oder ob es hier nur eine teilweise Überschneidung gibt.

Den Eltern sind bei solchen Entwicklungen leider die Hände gebunden. Es gibt zwar fortlaufende Forschungen zu kognitiven Trainings und Förderungsmöglichkeiten, die scheinbar auch effektiv sind, allerdings basiert diese nur auf einem relativ kleinen Pool an Testpersonen. Wir können nur empfehlen, dass ihr Förderung wahrnehmt, wo ihr könnt. In jedem Fall solltet ihr nicht vergessen, dass euer Kind trotzdem ein glückliches und erfülltes Leben führen kann.

Quellen:

[1] Hampel, P., Kropf, V., Dikici, S., König, L., Gloger-Tippelt, G., & Petermann, F. (2007). Kognitive Entwicklung und sozial-emotionale Kompetenzen bei Frühgeborenen mit unterschiedlichen Bindungsrepräsentationen. Kindheit und Entwicklung, 16(4), 220–228.

[2] Guarini, A., Sansavini, A., Fabbri, C., Savini, S., Alessandroni, R., Faldella, G., & Karmiloff-Smith, A. (2010). Long-term effects of preterm birth on language and literacy at eight years. Journal of child language, 37(4), 865.

[3] Boardman, J. P., Hall, J., Thrippleton, M. J., Reynolds, R. M., Bogaert, D., Davidson, D. J., ... & Fletcher-Watson, S. (2020). Impact of preterm birth on brain development and long-term outcome: protocol for a cohort study in Scotland. BMJ open, 10(3), e035854.

[4] Perra, O., Wass, S., McNulty, A., Sweet, D., Papageorgiou, K., Johnston, M., Patterson, A., Bilello, D., & Alderdice, F. (2020). Training attention control of very preterm infants: protocol for a feasibility study of the Attention Control Training (ACT). Pilot and feasibility studies, 6, 17. https://doi.org/10.1186/s40814-020-0556-9

[5] Ment, L. R., & Vohr, B. R. (2008). Preterm birth and the developing brain. The Lancet. Neurology, 7(5), 378–379. https://doi.org/10.1016/S1474-4422(08)70073-5